Inzwischen gibt es das Elternzeitgesetz im 3. Jahr. Man sollte also eigentlich davon ausgehen können, dass in den Personalbüros und Sekretariaten dieses Landes etwas Routine eingekehrt ist und zumindest die einfachen Fälle geklärt sind. Doch was ist Standard, was ist einfach? Die Frau, welche mit Geburt 12 Monate voll zuhause bleibt? Offensichtlich ist es in einem Unternehmen mit fast 17.000 Mitarbeitern bisher nicht üblich, dass ein männliches Wesen überlegt Elternzeit zu nehmen.
Nur so lässt sich die Odyssee erklären die wir seit 14 Tagen erleben: Zuerst mit dem Chef sprechen wegen Elternzeit, der ist einverstanden. Auch mit 26 Stunden Teilzeit im bisherigen Job für zwei Monate kann er sich arrangieren. Der Chef sagt dann dass er sich mit dem ganzen Schreibkram nicht auskennt und wir sollen mit dem Sekretariat klären was für Formulare dafür nötig sind. Kein Problem, wofür ist schließlich das Sekretariat da.
Das Sekretariat ist aber dann die erste Hürde: Wie ? Formular für Elternzeit? Kenne ich nicht, welche Nummer hat das? Also selber im Intranet gesucht (und gefunden). Eigentlich ist jetzt alles gut – sogar noch eine Mitarbeiterinformation gefunden, was es für Regelungen und Bedingungen gibt. Alles gut? Von wegen. Die Arbeitszeit war mit dem Chef geklärt und schriftlich fixiert, der Antrag auf Elternzeit und Teilzeitbeschäftigung in dieser Zeit war ausgefüllt und ab ging alles an die Personalabteilung.
Heute ruft ein netter Herr der Personalabteilung an und stellt komische Fragen: Warum ich denn während Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausüben will – dann kann ich doch auch normal arbeiten, oder einfach einen Teilzeitvertrag machen. Üblich sei doch, dass man zuhause bleibt. Nachdem ich ihm erklärte, dass die Teilzeitbeschäftigung rein finanzielle Gründe hat – wer kann schon von maximal 1.800 € eine vierköpfige Familie ernähren, die Miete bezahlen und alles was sonst noch so notwendig ist – war der Punkt geklärt. Allerdings muss die Arbeitszeit auf einem (anderen) offiziellen Formular beantragt werden – dass was wir in freier Form geschrieben haben ist nicht ausreichend. Na ja, schreiben wir halt nochmal alles ab – dieses Formular gibt es aber wohl nicht in elektronischer Form, so dass ich es von Hand ausfüllen darf…
Aber das Gespräch ging noch weiter. Weil während der Teilzeitbeschäftigung kann ich ja nicht unbedingt meine Stelle behalten, außerdem muss da ein neuer Arbeitsvertrag und eine gesonderte Zusatzerklärung gemacht werden und die Geschäftsführung muss zustimmen – und nach der Teilzeit, mal sehen. Vielleicht wird die alte Stelle ja ausgeschrieben. Dass mit dem Chef alles schon geklärt war, hat irgendwie seinen Horizont überstiegen.
Habe dann mir erlaubt zu erwähnen, dass wenn das so nicht geht wie es besprochen und beantragt war, alles hinfällig ist – es macht absolut keinen Sinn für ein paar Wochen was komplett anderes zu machen und jemanden für die Zeit in ein Thema einzuarbeiten, dass er danach definitiv NIE WIEDER braucht. Entweder so oder gar nicht. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass man das mit der Elternzeit bewusst nebulös und unverständlich hält, damit möglichst keiner auf die Idee kommt das in Anspruch zu nehmen. Mal sehen wie das weitergeht…