Facebook, wer braucht Facebook?

Es passiert immer mal wieder, eine nett gemeinte Email verirrt sich in mein Postfach und ich werde aufgefordert doch endlich auch Teil des tollen Online-Netzwerks “Facebook” zu werden. Und jedesmal passiert das Gleiche mit dieser Email – sie wird unerledigt gelöscht. Es gibt nach offiziellen Angaben wohl mehr als 500 Millionen Facebook-Nutzer weltweit und damit stellt Facebook das weltgrößte Online-Netzwerk da. Warum will ich nicht Teil dieser wunderbaren Welt sein? Weil ich glaube, dass man auch ohne Facebook leben – und dennoch seine Freunde behalten kann. Doch die Gründe, weshalb ich mich weigere dort Mitglied zu werden sind vielfältig. Damit die vielen Facebook-Mitglieder die mich in den letzten Wochen bekehren wollten (und es nicht schafften) wissen wie ich zu diesem Dienst stehe, möchte ich hier ein wenig über meine Meinung zu Facebook schreiben. Hoffentlich bleibe ich dann auch von den (gutgemeinten) Bekehrungsversuchen verschont.

Es ist so, dass Facebook seinen Nutzern "Freunde" vorschlägt, die man kennen könnte. Dies passiert über den Abgleich von Namen und Adressen bei Facebook – stehe ich mit meiner Emailadresse bei irgendeiner Person in ihrem Adressbuch und melde mich an, so wird mir diese Person sofort als potenzieller Freund vorgeschlagen. Andersrum sucht Facebook natürlich auch (wenn ich diese Funktion zulasse) nach Facebook-Nutzern von denen ich Name und/oder Mailadresse im Adressbuch habe. Ich persönlich suche mir meine Freunde aber gerne selbst aus, und mag auch niemanden verärgern weil ich seine Freundschaftsanfrage einfach ignoriere.

Wogegen ich ebenfalls etwas habe, ist der für mich zu freizügige und fast unkontrollierbare Datenschutz der Nutzer – was wird gespeichert, verwendet oder sogar weitergegeben und an wen? Bei Facebook hält man Veränderungen für unnötig oder verändert teilweise nachträglich die Bestimmungen. Um wirklich eine einigermaßen vorhandene Privatsphäre zu haben gilt es mehrere Dutzend Einstellungen zu überprüfen und zu verändern. Und doch werden sämtliche Aktivitäten bei Facebook gespeichert – selbst wenn sie also nicht veröffentlicht werden, zumindest Facebook nimmt sich – sogar offiziell in den Nutzungsbedingungen erwähnt – das Recht sämtliche in Facebook genutzten Inhalte selbst weiterverwenden zu dürfen, egal ob dies ein Bild, ein Text oder nur das Nutzungsverhalten der zahlreichen Spiele betrifft, selbst Nachrichten sind nicht davon ausgenommen. In den Nutzungsbedingungen von Facebook ist verankert, dass die bei Facebook vorhandenen Daten von (den Nutzern unbekannten) Drittanbietern genutzt werden dürfen – zum Beispiel für personalisierte Werbung: Daten wie Alter, Geschlecht, Freunde und Interessen werden von Facebook zur Verfügung gestellt, sodass diese eine ganz individuell angepasste Werbung auf den Facebook-Seiten schalten können. Auf diese Weise öffnet sich Firmen die Tür direkt zum potenziellen Kunden. Inzwischen richten viele Unternehmen eigene Fan-Seiten ein, wo sie dann neue "Freunde" anlocken und manche Webseiten-Betreiber bieten die “Möglichkeit” über den Facebook-Account einen Kommentar auf der Seite abzugeben (und damit wird der Seitenbesuch natürlich auch bei Facebook notiert).

Undurchdringbar scheint auch das Beziehungsraster von Facebook. Bereits bei der Anmeldung durchsucht Facebook standardmäßig persönliche E-Mail-Konten (es kann umgangen werden, wird aber standardmäßig angeboten, um "schnell deine Freunde zu finden") und dies schließt eventuell auch Adressen ein, die mit Facebook nichts zu tun haben – Arbeitgeber, Vermieter, Vereine,… je nach dem was mal als Emailadressen eben so gespeichert hat. Wer bei dieser Suche nicht bei Facebook gefunden wird kann dann eingeladen werden, auch endlich Mitglied im größten Online-Netzwerk zu werden. Wirklich wehren können sich die “Eingeladenen” kaum, da sie auf diesen Vorgang keinen Einfluss haben und wenn sie die Einladung erhalten ist die Adresse ja bereits gespeichert. Facebook bietet zwar an, wenn man dies ausdrücklich wünscht, die Adresse des Nicht-Mitglieds wieder zu löschen. Doch das funktioniert nur so lange, bis wieder ein Facebook-Nutzer seine E-Mail-Konten auf mögliche “Freunde” prüfen lässt.

Vor einigen Monaten war es so weit: Facebook zog erstmals mehr Nutzer an, als die Suchmaschine Google. Das ist auch den Firmen nicht entgangen, inzwischen hängen sich mehr und mehr Unternehmen ins Facebook-Fahrwasser. Egal ob SWR3, die Stuttgarter Straßenbahn oder andere Firmen, eine Facebook-Seite ist offenbar “in”, selbst im Gesundheitswesen breitet sich der Facebook-Wahn aus. Und trotzdem – ich hoffe, ich bleibe so lange wie möglich standhaft und meiner ablehnenden Haltung zu Facebook treu. Oder welche Gründe sollte es geben, dass ich auch endlich “bekehrt” werde?

2 Gedanken zu „Facebook, wer braucht Facebook?

  1. Hi Steve,
    endlich mal was total Vernünftiges und sachlich Fundiertes zum Thema “Facebook-Wahn”. Deine Ausführungen bestärken mich in meiner bisherigen Abwehrhaltung diesem ach so “globalfreundschaftlich” ausgerichteten Medium gegenüber. Auch wenn fast alle meiner Bekannten inzwischen der Meinung sind, ihre kostbare Zeit mit ihrem persönlichen virtuellen “Freundeskreis” verplempern zu müssen, wird mich keine profitorientierte Institution geschweige denn suchtabhängige Privatperson dazu bringen, mich da jemals anzumelden. Und ich hoffe sehr, dass weder meine email-Adresse noch irgendein privates Bild von mir da jemals erscheinen wird. Danke für Deine nachvollziehbaren Gedanken.
    Ein Facebook-Ablehner

  2. Hi Captain,
    deine Emailadresse wird von uns garantiert nicht für Werbezwecke verwendet, hier öffentlich angezeigt oder weiterverwendet für irgendwelche Dinge zu denen Du kein Einverständnis gegeben hast. Wir werden auch keine Bilder veröffentlichen auf denen du zu sehen bist, ohne dass du ausdrücklich Dein Einverständnis dazu gegeben hast. Ein Bekannter hat den Hype um Facebook & Co mal sehr passend umschrieben mit der Formulierung, dass alle glauben Sie sind die Fische im System, aber eigentlich sind sie nur das Futter… Mehr gibt es da nicht zu sagen.

    Es freut mich, dass ich mit meiner Ablehnung nicht alleine bin.
    Gruß
    Steffen

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